In der Vergangenheit hat Megan McGary als Mitglied der KinderbuchManufaktur und Selfpublisherin im Kinder- und Jugendbuchbereich ihre Erfahrungen und Empfehlungen zu Leserunden geteilt.
Im Moment beobachten wir zu diesem Thema eine große Verunsicherung, weil es Veränderungen der Plattform LovelyBooks gibt. Um auch hier Herausforderungen zu meistern und Wege zu finden, hat Megan ihre aktuellen Gedanken und Einschätzungen der LovelyBooks Regelungen in Form eines Interviews zusammengetragen.
Dazu gibt es am Ende eine Ankündigung. Bitte beachte beim Lesen, dass hier alles noch ganz neu und im Werden ist. Wir bleiben dran, werden aktualisieren und beobachten, wie weiter das KinderbuchKonfetti wirbeln kann! Und jetzt kommt Megan zu Wort:
„Ich mag LovelyBooks. Seit mehreren Jahren veranstalte ich dort als Autorin Leserunden.
Mit der Zeit habe ich einen ziemlich großen Erfahrungsschatz angesammelt und für mich ganz gut herausgefunden, wie man es schafft, viele BewerberInnen zu finden, die richtigen Fragen zum Buch zu stellen, einen guten Austausch mit vielen Meldungen hinzukriegen und, nicht zuletzt, Rezensionen zu erhalten.
Als Leserin mag ich es, an Leserunden teilzunehmen. LovelyBooks ist eine tolle Möglichkeit, neue Bücher kennenzulernen. Ab und an gewinne ich ein Print oder E-Book und freue mich, meine Meinung zum Buch sagen zu können. Für Autoren ist dieser Austausch mit einem größeren Kreis neuer LeserInnen unschätzbar wertvoll.
Leserunden sind wichtige Marketinginstrumente. Bis zum 31.12.23 war LovelyBooks – im Gegensatz zu anderen deutschen Plattformen wie NetGalley und Vorablesen.de – für Autoren kostenlos.
Mit dem neuen Jahr ist nun alles anders: LovelyBooks führt sogenannte „Credits“ ein: Leserunden werden kostenpflichtig (nein, nicht alle, aber die meisten. Leider genau die, die wir als Schreibende wollen).
LovelyBooks finanziert sich grundsätzlich durch Werbung, also durch die Werbebudgets der Verlage, die Leseplätze bei LB buchen. Verlage haben somit schon immer Geld dafür ausgeben müssen, bei LovelyBooks sichtbar zu sein – etwa mit Bannern, Erwähnung im Newsletter, der Berücksichtigung in Sonderaktionen und einer prominenteren Darstellung in der Auswahlliste für Leserunden.
Neu sind die Regelungen, dass Leserunden mit Credits bezahlt werden müssen.
1. Was ist ein „Credit?
Credit ist nicht im Sinne von „Darlehen“ zu verstehen, sondern eher im Sinne einer virtuellen Geldbörse für eine bestimmte Verfügung, Handlung oder Überlassung. Den Begriff kennt jeder, der schon mal Stockfotos erwerben wollte.
Ein Credit ist der Preis (= Gebühr) für eine Leserunde oder Buchverlosung, bei der Prints oder E-Books an die Lesenden vergeben werden. LovelyBooks erhält das Geld (im Rahmen von gebuchter Werbung), im Gegenzug kann eine Leserunde durchgeführt werden.
2. Was kostet das denn?
10 Credits kosten 790 € (Rabattierung möglich, aber erst ab 30 Credits. Billiger wird’s, wenn man große Kontingente kauft.
Für Einzelpersonen wäre das allerdings utopisch, da die Punkte innerhalb eines Jahres aufgebraucht sein müssen und nicht übertragen werden können.)
Somit kostet eine Leserunde (wenn es zu 10 Leserunden in einem Jahr kommt) den Verlag oder Selfpublishing-Dienstleister maximal 79 €, zuzüglich der Bücher und deren Versand (wenn ihr bei einem Dienstleister seid, müsst ihr selbst für die „Hardware“ in Form von Lesestoff aufkommen. Denkt daran, dass die Verlosung von E-Books zwar günstig ist, aber in vielen Fällen nicht das gewünschte Ergebnis bringt. Bei Kinderbüchern könnt ihr euch das mit den E-Books eigentlich gleich sparen).
3. Wie kommt man an Credits?
Verlage und Selfpublishing-Dienstleister (z.B. BoD, TwentySix, Epubli, Tredition) erwerben im Rahmen von Marketingpaketen Credits. Die werden dann, solange Vorrat reicht, an die AutorInnen weitergegeben. Die jeweiligen Credits können nur für Bücher aus den Programmen der jeweiligen Anbieter eingesetzt werden.
Autoren haben derzeit nicht die Möglichkeit, selbst Credits zu kaufen. Allerdings kann man Marketingpakete buchen: ein (1) Credit ist dann enthalten. Kostenpunkt für ein Marketingpaket/Zusatzpaket: ab 300 €. Pro Buch.)
4. Wie viele Credits hat der Verlag oder Dienstleister, bei dem ich veröffentliche?
Das steht leider nirgends, kann man aber bei LovelyBooks, dem Verlag oder dem Dienstleister erfragen. Wie transparent und verlässlich die Auskunft sein wird, bleibt abzuwarten.
5. Wie bekomme ich mit, ob ich vorhandene Credits nutzen kann oder ob auf mich diese Veränderung vielleicht gar nicht zutrifft und ich ohne Credits wie gehabt eine Leserunde einrichten kann?
Indem du eine Leserunde erstellst bzw. zu erstellen versuchst. Laut LovelyBooks kommt sehr zeitnah eine Info, ob Credits verfügbar sind oder nicht.
6. Und wenn es keine Credits mehr gibt?
Dann kannst du leider auch keine Leserunde oder Buchverlosung machen.
7. Wer braucht keine Credits?
Kleinstverlage brauchen keine.
Verlage, mit deren Büchern bisher nur selten Leserunden Leseaktionen durchgeführt wurden, brauchen keine.
Selfpublisher, die ohne Dienstleister (= „independent“, = komplett in Eigenregie, Auflagendruck) veröffentlichen, brauchen keine. Da hab ich ja noch mal Glück gehabt. Ob jetzt alle Schreibenden einen Auflagendruck machen können, wage ich zu bezweifeln.
Leserunden ohne Rezensionsexemplare sind nach wie vor kostenlos und können von jedem LovelyBooks-Mitglied wie gewohnt angelegt werden. Ob Leserunden ohne Rezi-Exemplare für euch sinnvoll sein könnten, müsst ihr bitte selbst entscheiden (für mich sind sie es nicht).
8. Gibt es kostenlose Alternativen?
Ja: Leserunden auf Facebook, Instagram oder über die eigene Homepage.
Eine Umgehung der neuen Richtlinien – also, indem ihr woanders Bücher verlost und auf LovelyBooks eine Leserunde ohne Rezensionsexemplare durchführt; siehe Punkt 7 – sind unzulässig und führen zum Ausschluss von LovelyBooks.
Ihr könnt aber auch andere kostenfreie Leseplattformen nutzen (Achtung: teils fremdsprachig oder weniger stark frequentiert).
9. Funktionieren diese Alternativen?
Aus eigener Erfahrung: nicht so gut wie die auf LovelyBooks…
10. Was sind die Vor- und Nachteile dieser Veränderung bei LovelyBooks?
Nachteile aus meiner Sicht: höhere Kosten, Rückzug von kleinen Verlagen und Selfpublishern, Stärkung größerer Verlage, mangelnde Vielfalt, weniger Chancen, sein Buch zu bewerben
Der Vorteil könnte darin liegen, die Qualität der angebotenen Bücher zu steigern. LovelyBooks möchte mit den Mehreinnahmen „wachsen“, was sich als Vorteil erweisen könnte.
11. Verändert sich die Leserunden-Landschaft?
Ich fürchte, ja. Schon jetzt sind bei den Leserunden-Angeboten deutlich weniger Bücher. Die, die ohnehin schon den Spiegel-Bestseller-Button tragen, herrschen vor. Kinderbücher waren schon immer in der Minderzahl.
Der Vorteil von LovelyBooks war immer die Zugänglichkeit für Selbstverleger und damit ein sehr breites Angebot, was auch viele Leser schätzen. Wenn nur noch die „Großen“ in den Leserunden vertreten sind, ergibt sich daraus möglicherweise eine Vorauswahl, wie sie auch bei NetGalley und Vorablesen bereits getroffen wird.
Hoffentlich werden jetzt nicht die Crowdfundings mit dem Ziel, Marketingpakete zu kaufen, explodieren…
12. Wo gibt es weitere Infos?
In den LovelyBooks-FAQ für Autoren: https://www.lovelybooks.de/info/faq-fuer-autoren/credits-a/
Zusätzlich erklärt Daniela Liesing von LovelyBooks die Sache: lovelybooks.de/autor/LovelyBooks/Neuerungen-Fragen-und-Antworten-rund-um-LovelyBooks-11892916072-w/leserunde/11892942446/11892942447/#thread
Und es gibt einen Beitrag auf dem Blog der „Autorenwelt“: https://www.autorenwelt.de/blog/branchen-news/lovelybooks-fuehrt-credits-ein-ohne-moos-nix-los
13. Grundsätzlich ist eine Kostenpflicht legitim, machen andere ja auch. Aber wieso nimmt LovelyBooks eigentlich kein Geld von den Lesern? Man könnte doch meinen, für kostenlosen Lesestoff, oft noch mit Extras wie Goodies und Bonus-Infos, würden Nutzer einen kleinen Obolus zahlen?
Das wäre eine absolute Veränderung im Public-Reading-Geschäft. LovelyBooks ist die am meisten frequentierte Community und extrem beliebt bei Lesern, weil die Auswahl super ist und die Gewinnchancen hoch sind.
Diese Leser mit der Einführung einer Lesegebühr zu verschrecken, ist nach meinem Dafürhalten zu viel Aufwand und bislang ein No-Go.
Aber vielleicht kommt das ja noch. Das wäre dann für uns AutorInnen nämlich ein echter Vorteil, weil möglicherweise die Qualität der Leserschaft – im Sinne der Bereitschaft, sich an den Leserunden zu beteiligen – steigt.
Fazit:
Wie sich die Sache entwickelt, bleibt abzuwarten. LovelyBooks verwendet in seinen Ausführungen zum Thema häufig den Begriff „aktuell“, womit deutlich wird, dass die Dinge sich noch ändern können. Derzeit ist alles noch neu und in der Erprobung begriffen.
Ich hoffe, dass die Investition auch dazu dienen wird, der zunehmenden Abgreifermentalität entgegenzuwirken.
Meine aktuelle Leserunde – mit einem BoD-Buch – hatte ich glücklicherweise vor der Neuerung begonnen, am 30.12. endete die Bewerbungsfrist. Bis dahin hatten die Wenigsten von den „Credits“ gehört – LovelyBooks verweist erst in der neuesten Version (2024) der Website rückwirkend auf die Neuerung, und selbst im Börsenblatt der Buchbranche kam der Hinweis erst nachträglich. Womit Lovelybooks sich durchaus einen gewissen Informationsrückhalt vorwerfen lassen muss. Die Verlage hatten die Info allerdings schon zur Frankfurter Buchmesse.
Zweites Fazit und ein Versprechen:
Billiger – oder einfacher – wird’s für Schreibende ohne Publikumsverlag und gut gepolstertes Werbebudget nicht. Wenn jemand eine Idee hat, wie man weiterhin Leserunden gestalten und ohne herausfordernde Suchen nach BloggerInnen zuverlässig an fundierte Rezensionen (heißt: mit Text!) kommt – meldet euch gern bei mir!
Davon abgesehen verspreche ich, ab Anfang Februar einen Selbstversuch mit „Benni und Keks“ (Independently published, SP-Preis-nominiert ) zu machen und darüber zu berichten!“
Herzlichen Dank, Megan McGary und wir sind als KinderbuchManufaktur gespannt, welche Erfahrungen du weiter sammeln und teilen wirst. Wir wollen auch hier die Augen für Möglichkeiten offenhalten. Lasst uns dazu im Gespräch bleiben!
Die Welt der Literatur bietet eine Vielfalt an Geschichten und Ideen, die sowohl für Kinder als auch für Erwachsene faszinierend sein können.
Doch wie schaffen es Literaturpädagog*innen, diese Welt für kleine und große WörterWelten-Reisende gleichermaßen zum Erlebnis werden zu lassen?
Ich bin seit über 10 Jahren Literaturpädagogin und habe mit unzähligen Kindern in Grundschulen, weiterführenden Schulen, Kitas und außerschulisch gearbeitet. Seit 2022 bin ich selbstständig und habe mich auf die kreative Literaturvermittlung in Kitas spezialisiert. Mein Fokus liegt dabei auf dem alltagsintegrierten Spracherwerb und der frühkindlichen Leseförderung.
Gemeinsam werfen wir nun einen Blick auf meine Arbeit und darauf, welche gesellschaftlichen Chancen ich in meiner Tätigkeit sehe, worauf ich bei der Buchauswahl für Kinder, Eltern und Erzieher*innen achte und wie ich gemeinsam mit Verlagen Unterrichtsmaterialien und Praxisimpulse zu Büchern entwickele.
1. Welche Chancen siehst du in deiner Arbeit als Literaturpädagogin?
Meinen Job beschreibe ich immer so: „Ich mach Bock auf Bücher!“
Lesen ist Weltaneignung.
Bücher und Geschichten sind nicht nur ein Mittel zur Wissensvermittlung, sondern auch zur Persönlichkeitsentwicklung. Hat ein Kind Zugang zu vielfältigen Büchern, kann es nicht nur seine sprachlichen Fähigkeiten verbessern, sondern auch Empathie und kritisches Denken erlernen.
2. Auf was achtest du beim Erstellen von literaturpädagogischen Konzepten zu Bilderbüchern und erzählender Kinderliteratur?
Ich habe mittlerweile einen ganzen Kriterienkatalog, was die Buchauswahl für MÖGLICHE Begleitmaterialien zu Büchern betrifft. Es gibt zwei Wege, wie Begleitmaterialien mit mir zusammen entstehen.
1. Ein Verlag kommt auf mich zu und möchte zu einem bestimmten Titel oder Thema Begleitmaterialien für den Einsatz in der Kita oder in der Grundschule haben. Dann schaue ich, ob die Bücher meinen Kriterien entsprechen und ob sich da spontan Ideen zur Umsetzung in mir breit machen.
2. Ich schaue durch die Bücher, die ich bei den Verlagen angefragt habe und wenn ich ein Buch finde, welches sich super für den Einsatz in Kitas anbietet, pitche ich dem entsprechenden Verlag meine Idee zum Begleitmaterial.
Ich lege dabei besonderen Wert auf den kreativen Einsatz von Sprache (förderlich für den Wortschatz und die phonologische Bewusstheit), dass die Bilderbuchtexte kurz und gut vorzulesen sind. Rhythmus, Melodie und Tempo einer Geschichte sind eine wertvolle Unterstützung dabei. Die Konzentrationsspanne bei Kindergartenkindern ist in einer gemischten Gruppe nicht allzu lang!
Die Geschichte sollte auch deshalb witzig oder ganz nah an der Lebenswelt der Kinder sein.
Und vor allem: das Buch sollte als ERLEBNIS umsetzbar sein. Elemente der Geschichte selbst zu erleben ist etwas anderes als Szenen einfach nachzuspielen oder Bilder dazu auszumalen. Die Geschichte muss die Kinder irgendwie berühren und packen – im Tun.
Bei den Illustrationen achte ich darauf, wie auch schon beim Text, dass die Figuren klar zu erkennen sind (am liebsten freigestellt) und dass man bestenfalls die Szenerie aus dem Buch in die „reale Welt“ holen kann. Da gibt es unzählige Möglichkeiten. Ich arbeite am liebsten mit dem Original-Material aus den Büchern, damit die Kinder auch die ganz eigene Ästhetik des Buches wahrnehmen.
3. Welche Angebote gibt es bei dir sonst noch zu entdecken?
Auf meiner Webseite www.woerterwunderwelten.de und auf Instagram @woerter.wunder.welten gibt es einige Einblicke in meine Arbeit und Veranstaltungsformate. Neben literaturpädagogischen Werkstätten für Kinder, Eltern-Kind-Gruppen und meinen „Schmökerabenden“ für Bilderbuch- und Kinderbuch-Interessierte werden auch Fortbildungen für Pädagog*innen angeboten. Diese zielen darauf ab, das Bewusstsein für die Bedeutung von Literatur in der Bildung zu schärfen und praktische Methoden für den Einsatz von Büchern im Kita-Alltag zu vermitteln.
Schreibwerkstätten für Groß und Klein runden mein Angebot ab.
4. Welche Tipps kannst du KinderbuchKreativen aus deiner Arbeit mit auf den Weg geben?
Pappbilderbücher und Bilderbücher sind für Kinder, manchmal ganze Familien, der Türöffner in die Welt der Literatur. Vorlesen schafft nicht nur Beziehung und Bindung, sondern vermittelt Kindern einen Eindruck davon, wie sie ihre Welt gestalten können. Sie können Ideen aufgreifen, annehmen oder verwerfen und sich so ein ganzes Repertoire an Möglichkeiten schaffen.
Meine Tipps für ein gelungenes (Papp-) Bilderbuch:
Kurze und knackige Sätze, nicht zu viel Text pro Seite
Wortmalereien und Wortspiele
Den Vorlesenden und das Kind im Blick halten – es sollte Spaß machen, den Text vorzulesen und auch ihm zuzuhören
Witz und Verrücktheit
Klare Bilder – für die ganz Kleinen klare Kontraste (Bilder zu denen man erzählen kann) und Entdecker-Bilder - für die Größeren kleine Nebengeschichten im Bild einbauen (und so Gesprächsanlässe schaffen)
Repräsentation (Hautfarben, religiöse oder besondere körperliche Merkmale, etc) und die Vielfalt unserer Gesellschaft wird ein immer größeres Thema auch in Kitas und Familien
DANKE für diesen Beitrag an Pia Löber Wille!
Pia Löber-Wille ist vom Bundesverband Leseförderung anerkannte Lese- und Literaturpädagogin und seit über 10 Jahren im Bereich der kreativen Literaturvermittlung und (frühen) Leseförderung als Bildungsreferentin tätig.
Im Jahr 2022 gründete sie ihr Unternehmen Wörter.Wunder.Welten und unterstützt seither vor allem Kindertageseinrichtungen dabei, Groß und Klein in ein reich bebüchertes Leben zu begleiten. Zudem berät und schult sie als Leseförderexpertin Bildungseinrichtungen, Verlage und Unternehmen der Buchbrache.