Aktualisiert: 13. Feb.
Interview mit Dagmar und Elisabeth aus der Buchhandlung Kunterbuch
Rund die Hälfte des Bücher-Umsatzes wird – in gewöhnlichen Zeiten – über den Sortimentsbuchhandel (also die klassische Buchhandlung) erzielt.
Nun beschäftige ich mich mit vielen Themen aus der Sicht der Autorin, der Verlegerin, der SelfPublisherin. Deshalb dachte ich mir, es wäre spannend, auch einmal mehr über die Perspektive des Handels zu erfahren.
Also habe ich die Buchhandlung Kunterbuch aus Wien gebeten, mir ein paar Fragen zu beantworten, die ich gerne mit dir teile – ein paar Buchempfehlungen gibt es natürlich gleich dazu ;-)
Die "Kunterbücher", wie sie sich selbst liebevoll nennen (das sind Dagmar und Elisabeth), sind nicht nur langgediente Profis (sie führen übrigens ausschließlich Kinderbücher), sondern auch absolute Skeptiker, wenn es um das Thema SelfPublishing geht. Das ist nicht unbedingt ein Nachteil, denn: Das macht sie zu perfekten Lehrerinnen! Die beiden legen nämlich besonders viel Wert auf Qualität und Professionalität. Und das sind genau jene Themen, bei denen SelfPublishern oft ein Manko nachgesagt wird.
Hier also ihre Antworten auf meine Fragen:
1) Wie findet man eine Idee für ein Buch?
Für uns Kunterbücher startet die Ideenfindung schon bei der kontinuierlichen Marktbeobachtung, d.h. regelmäßigen Buchhandlungsbesuchen.
Dabei findet man nicht nur den Input für eine Idee, sondern sieht auch gleich, mit welchen Themen der Markt schon gesättigt ist.
Inspirierende Buchempfehlung:
Was macht man mit einer Idee?
von Yamada Kobi und Besom Mae erschienen im Adrian Verlag €13,40
Eine Geschichte von einer Idee und dem Kind, das hilft diese in die Welt zu bringen.
2) Wie wichtig ist das Lektorat wirklich?
Ein Lektorat ist unerlässlich – ein Rechtschreibprogramm am PC reicht definitiv nicht!!!
Ein Lektorat achtet immer auch auf den logischen Ablauf der Geschichte und verhindert dabei etwaige Fehler.
Inspirierende Buchempfehlungen:
Das Mädchen, das den Sturm ruft
von Lackey Lindsay erschienen im Dressler Verlag €18,50
Ein für uns sehr besonderes Buch, das uns sehr berührt hat.
Eine hervorragende Übersetzung (man merkt nicht, dass das Original nicht deutsch ist), die schöne Bilder malt. In unseren Augen ein durch und durch poetisches Buch!
Nicu und Jess
von Crossan Sarah und Conaghan Brian im Mixtvision Verlag €17,40
Auf den ersten Blick sprachlich und lesetechnisch sehr gewöhnungsbedürftig, da das Buch nicht in klassischer Erzählform geschrieben ist.
Der Protagonist Nicu spricht anfangs schlecht deutsch, die Sprache wird aber im Laufe der Geschichte immer besser und dadurch verändert sich diese und auch der Stil des Buches. Eine besondere Liebesgeschichte für junge Erwachsene.
3) Welche Rolle spielen Illustrationen?
Ein Sparen an den Illustrationskosten ist der falsche Ansatz!
Text und Bilder müssen immer zusammenspielen. Auch Fehler in der Illustration müssen vermieden werden (z.B. eine Wintergeschichte und die Protagonisten tragen Sommerkleidung). Ansprechend gestaltetes Cover und schöne Ausstattung hilft beim Vermarkten des Buches!
Auch die Auswahl des Papier ist wichtig – so wie Qualität generell wichtig ist.
Inspirierende Buchempfehlungen:
189
von Böge Dieter und Klever Elsa erschienen im Aladin Verlag €17,50
Geschichte einer abenteuerlichen Reise eines Kanarienvogels vom Harz bis nach NY – eine wahre Geschichte aus dem 19 Jahrhundert.
Ein außergewöhnliches Bilderbuch mit viel Sachinformation und trotzdem poetischen Bildern, die schon beim Vorsatz starten.
Mein großes Buch der Dinosaurier
von Durley Natasha erschienen bei Ars Edition €15,50
Für ein Sachbuch absolut ungewöhnliche Illustrationen und mit einer besonderen Einteilung der Dinos. Hier wird nach Merkmalen kategorisiert und erklärt – mitgeraten werden kann auch. Der Text steht nicht im Mittelpunkt.
Mitmach Buch
von Tullet Herve erschienen im Christophorus Verlag €13,40
Das erste interaktive Bilderbuch ohne Batterien.
Kinder, die die Farben kennen, können beim Vorlesen der Geschichte eingebunden werden. Das Buch muss dann gedreht werden, gekippt werden und geschüttelt………
Trotz einfacher Illustrationen ausschließlich mit Komplementärfarben und nur aus unterschiedlichen Kreisen bestehend sind die Bilder trotzdem stimmig.
4) Welche Tipps habt ihr noch für SelfPublisher?
Auch betriebswirtschaftliche Fragen sollte man sich bereits zu Beginn seines Buchprojektes stellen (ganz meine Rede!):
Wie möchte ich mein Buch vertreiben und wie lege ich eine buchhalterisch korrekte Rechnung?
Auch die im Buchhandel üblichen Partien, Rabatte, Zahlungs -und Lieferbedingungen sollte man am Schirm haben.
Vielen Dank nochmals an die Kunterbücher für das kleine Interview!
Aktualisiert: 13. Feb.
Du hast sicherlich mittlerweile mitbekommen, dass der Kinderbuchmarkt recht viele Besonderheiten vorweist. Eine davon ist, dass unsere LeserInnen ihren Büchern "entwachsen". Das bedeutet: Was sie heute lesen, kann morgen schon nicht mehr passend für sie sein. Und zwar nicht, weil sich ihr Geschmack ändert, sondern weil sie sich weiterentwickeln.
Ich werde nicht müde, zu betonen, wie wichtig es ist, sich bereits zu Beginn eines Buchprojektes über dessen Zielgruppe (in diesem Fall LeserInnen) im Klaren zu sein. Daraus leitet sich nämlich die Umsetzung von Text, Bild, Ausführung, Platzierung im Buchhandel und das Marketing ab. Gleich wirst du besser verstehen, was ich meine. Heute konzentrieren wir uns auf die Auswirkungen auf die Gestaltung deines Buches.
Starten wir einmal mit einem Rahmen:
Das Kinder- und Jugendbuch ist ein Buch, dass sich an eine Lesergruppe richtet, die zwischen 2 und 16 Jahren alt ist. Eine weitere Eigenheit ist, dass es vorgelesen oder selbstgelesen werden kann.
Welche Differenzierung gibt es innerhalb der Kinder- und Jugendbücher?
Kinder- und Jugendbücher werden u.A. nach Formaten bzw. Sub-Warengruppen unterschieden. Das ist eine Unterteilung nach Alter der Leser.
Es ist aus zwei Gründen wichtig, dass du diese Unterteilungen kennst:
Weil du später einmal dein Buch darin einordnen sollst, wenn du es im Handel vertreiben möchtest.
Weil ein Vorschulkind und ein Teenager nicht dasselbe lesen, d.h. die Inhalte und die Form deines Buches sind am Alter deiner Zielgruppe orientieren sollten.
Das sind die zentralen Kinderbuch-Formate:
Bilderbücher (2 bis 5 Jahre)
Vorlesebücher (4 bis 7 Jahre)
Erstlesebücher (6 bis 7 Jahre)
Kinderbücher (8 bis 11 Jahre)
Jugendbücher (ab 12 Jahren)
Sie haben jeweils spezifische Eigenschaften hinsichtlich Sprache, Textlänge, Ausführung und Themenwahl.
Bilderbücher (2 bis 5 Jahre)
Bei Geschichten für die Kleinen solltest du auf Folgendes achten:
die Illustrationen sind vorherrschend und zentral
möglichst wenig Text: nicht mehr als 800 Zeichen (inkl. Leerzeichen) je Doppelseite
normalerweise 12 bis 16 Doppelseiten
meist mit Hardcover (wegen der Haltbarkeit) und in größerem Format (ab A4)
besonders spannend ist es, wenn Text und Bild einander nicht wiederholen, sondern ergänzen, um gemeinsam die Geschichte zu formen
besonders beliebt sind Themen wie Familie, Tiere und Szenen aus dem Alltag
immer mit Happy End!
der/die Protagonist/in sollte greifbar sein, da er/sie/es als Identifikationsfigur dient
als Thema kann so gut wie Alles genutzt werden
pädagogisch problematische Inhalte identifizieren (Gefahr von Nachahmung)
Vorlesebücher (4 bis 7 Jahre)
Die Vorlesebücher sind eine Art Mischform. Sie richten sich an etwas ältere Kinder, die jedoch zumeist noch nicht (gut) lesen können. Folgende Merkmale sind hier charakteristisch:
die Sprache muss nicht besonders einfach sein (Vokabular und Inhalt müssen aber natürlich altersgerecht sein)
die Textlänge nimmt deutlich zu (ca. 50-80 Normseiten)
die Geschichte ist in einzelne kurze Kapitel unterteilt, die in sich abgeschlossen sind (2-3 Normseiten lang)
es sind nach wie vor viele Illustrationen vorhanden, jedoch nicht zwingend auf jeder Doppelseite
Text ist in der Gegenwartsform gehalten
viel wörtliche Rede einbauen
Hauptfiguren können Kinder im Kindergarten oder Schulalter sein (1. oder 2. Klasse) sowie Tiere oder fantastische Wesen Klassisches Beispiel für ein Vorlesebuch: Märchen
Erstleserbücher (6 bis 7 Jahre)
Kinder, die gerade lesen lernen, dürfen nicht frustriert werden! Ziel ist es, zum regelmäßigen Lesen zu animieren. Daher sind folgende Punkte zu beachten:
der Text tritt in den Vordergrund, allerdings ist die Sprache sehr einfach
kurze Sätze, nur wenige Sätze je Seite
großes klares Schriftbild, eher keine Silbentrennung
nach wie vor zahlreiche Illustrationen in Farbe
zumeist Hardcover, die Größe variiert rund um A5
je nach Alter sollte der Text 3 bis 15 Normseiten nicht übersteigen 👉🏻 die Vorlage für eine Normseite findest du ebenfalls am Ende des Beitrags
damit jeder Satz ein Erfolgserlebnis ist, sollte auch jeder einen Inhalt haben d.h. zur Geschichte beitragen
typische Themen sind z. B. Familie, Ängste, Schule oder Märchen
auch hier ist der Protagonist sehr wichtig, üblicherweise ist er ein bis zwei Jahre älter als deine Zielgruppe (Kinder orientieren sich gerne nach "oben")
trotz der Einfachheit sollte der Inhalt den Leser ernst nehmen
Dieses Segment wird von einigen wenigen Verlagen mit ihren jeweiligen Reihen dominiert (und diese haben ganz konkrete Richtlinien für ihre Titel).
Hinweis: Erstleserbücher sind handwerklich sehr anspruchsvoll, und daher eher selten ein Einstieg für Jungautoren.
Kinderbücher (8 bis 11 Jahre)
Für Kinder in diesem Alter gibt es bereits richtige Kapitel-Bücher (d.h., dass die Geschichte in Kapitel unterteilt ist):
nun können die Illustrationen radikal reduziert werden (oftmals sind noch dekorative Elemente oder hie und da schwarz-weiße Illustrationen vorhanden)
die meisten Bücher bewegen sich um die 100 bis 200 Seiten, so ab 10 Jahren gibt es schon richtige Wälzer mit über 400 Seiten
die Ausführung kann Hardcover oder Taschenbuch sein
der Text hat normale Schriftgröße
die Story sollte nicht zu dünn sein
die Kinder orientieren sich hier oftmals am gleichen Geschlecht wie sie selbst, das sollte man bedenken (oder einfach mehrer Protagonisten unterschiedlichen Geschlechts einbeziehen)
nun rückt auch das Thema "Freunde" in den Fokus, neben Familie, Schule und Fantasiewelten
es wird immer aus Kinder-Perspektive geschrieben (nicht aus jener eines Erwachsenen)
viele Dialoge einbauen!
Humor macht das Ganze noch unterhaltsamer
Cliffhanger (Spannungsmomente) am Ende jedes Kapitels
Buch-Reihen sind sehr beliebt und animieren dazu, immer wieder neue Bände zu lesen
Übrigens, das Kinder zwischen 8 und 11 Jahren sind auch die fleißigsten und begeistertsten Leser.
Es gibt aber einen spürbaren Unterschied zwischen Mädchen und Jungen (nur 8% der deutschen Kinder interessieren sich SEHR für Bücher und Lesen, im Vergleich dazu 18% der Mädchen – siehe KIM Studie), sowie je nach sozialem Hintergrund.
Jugendbücher (ab 12 Jahre)
In dieser Altersgruppe ist die Differenzierung zur Erwachsenen-Literatur nur mehr auf inhaltlicher Ebene ab – die Aufmachung unterscheidet sich nicht mehr.
keine Illustrationen mehr
jede Textlänge denkbar, zumeist so ab 300 Seiten
die Inhalte sollten auf die Problematik des Erwachsenwerdens eingehen (schwierige und schöne Seiten), besonders beliebt sind "Coming-of-Age" Romane (Übergang vom Kind zum Erwachsenen)
die Sprache sollte der der Altersgruppe entsprechen (Umgangssprache, englisch-sprachige Begriffe usw.)
zum ersten Mal spielen romantische Themen und Liebe eine Rolle (bis 14 Jahre noch ganz jungendfrei 😉), hinzu kommen auch anspruchsvollere Themen wie z.B. Politik
auch Happy Ends sind nicht mehr zwingend nötig
deine Konkurrenz sind das Handy und Spielkonsolen – das Publikum will (sehr gut) unterhalten werden!
Jugendromane ab 14 Jahren sind im Grunde wie Erwachsenenliteratur, nur dass der Protagonist ein Teenager bzw. das Thema für die Altersgruppe relevant ist.
Wenn du für dich entschieden hast, in welchem dieser Formate sich dein Buch einordnen wird, dann solltest du dich spezifisch und vertiefend mit ihm auseinandersetzen:
Als erstes lies möglichst viele Bücher dieser Sub-Warengruppe, aber recherchiere auch genauer zu den für die Altersgruppe relevanten Themen, unterhalte dich mit Kindern dieser Zielgruppe usw.
Du siehst also, es gibt ein breites Spektrum an Möglichkeiten, innerhalb derer du dich verwirklichen kannst. Hast du dich schon entschieden?
Weiterführende Links:
Aktualisiert: 13. Feb.
Wenn du dich mit dem Thema Self-Publishing (Selbstverlag) beschäftigst, dann stehen die Chancen gut, dass du bereits ein Buch geschrieben hast, oder es gerade in Entstehung ist.
Wow – gratuliere!
Dann hast du bereits einen riesigen Schritt getan, nämlich mit deinem Projekt zu beginnen. Und außerdem ist es ist ja bekanntlich nie zu früh, mit der Planung für den Vertrieb eines Buches zu beginnen.
Übrigens, auch zu diesem Blog-Beitrag gibt es wieder eine Podcast-Folge!
Self-Publishing vs. traditioneller Verlag
Laut des Self-Publishing-Dienstleisters tredition werden weniger als 1% der eingereichten Manuskripte von Verlagen veröffentlicht. Ich hab mich daraufhin gefragt: Was passiert also mit den verbleibenden 99%?
Was für ein riesiges Potenzial, wenn man bedenkt, dass Verlage jährlich 71.000 Neuerscheinungen alleine in Deutschland publizieren! Denn dann sind min. 100x so viele Manuskripte im Umlauf, also über 7 Mio.!
Gleichzeitig nähert sich die Anzahl der im Self-Publishing erschienen Titel jener der traditionellen Verlage. Umgerechnet wären das dann ebenfalls rund 1% Anteil an der Gesamtzahl der Manuskripte.
Ich selbst habe nie darüber nachgedacht, mein Manuskript bei einem Verlag einzureichen, denn mich hat von Anfang an das Gesamtprojekt „Buch“ gereizt.
Solltest du dich aber mit der Frage auseinandersetzen, auf welchem Wege du dein (nächstes) Buch veröffentlichst, dann stelle dir zuerst die folgenden Fragen:
1. Bist du bereit, den Weg konsequent weiterzugehen?
Du hast eine Idee, an die du glaubst, vielleicht hast du sogar schon ein komplettes Buch geschrieben, und dann willst du einfach so aufgeben, weil es in kein Verlagsprogramm gepasst hat oder weil du Angst vor der Herausforderung hast? Wenn du denkst, dass dein Buch gut genug ist, dass eine fremde Firma darin investieren sollte, warum bist du denn selbst nicht dazu bereit?
Dafür kann es im Wesentlichen drei Gründe geben:
· kein Geld
· keine Zeit
· Ängste oder mentale Barrieren
Aber lass dir sagen, dass es zu alle diese Gründen Lösungen gibt. Und ja, das erste Buch ist das härteste – mit jedem weiteren wird es ein Stück leichter!
2. Bist du professionell genug?
Als Self-Publisher musst du die eine oder andere Manager-Qualität mitbringen. Das bedeutet, dass du nicht nur die bestmögliche Version deines Buches schreibst, sondern diesen Qualitätsanspruch in allen relevanten Bereichen des Verlegens mitbringen solltest: bei der Grafik, beim Druck, beim Marketing... Gleich vorweg, es geht nicht um Perfektion!
Denn die ist, wie wir alle wissen, ein Kreativitäts- und Umsetzungskiller. Nein, es geht um dein Mindset (Geisteshaltung): Du musst den Anspruch, den du gegenüber den Inhalten deines Buches hast, auch in den anderen Leistungsbereichen anwenden.
Oder anders gesagt: Ist es das Buch wert, dass es verlegt wird, dann solltest du nicht ausgerechnet bei der Umsetzung und Vermarktung schlampig sein. Wenn du dir das absolut nicht zutraust, dann solltest du auf Verlagssuche gehen.
3. Willst du die volle Kontrolle über dein Buch?
Das war für mich persönlich der wichtigste Grund, mein Buch selbst umzusetzen. Ich hatte damals noch nicht den Hauch einer Ahnung, welche Tätigkeiten ein Verlag ausführt, ich wusste nur, dass ich mein Buch so umsetzen wollte, wie ich es mir vorstellte. Ich wollte von niemandem abhängig sein, ich wollte nicht, dass jemand anderer über die Illustrationen entschied. Ich wollte sehen, wie es ankommt, wenn ich alle Entscheidungen selbst treffe. Und mich reizte die Herausforderung!
Je wichtiger es dir ist, bei Titel, Illustration und auch Inhalt die Kontrolle zu haben, desto eher eignet sich Self-Publishing für dich.
4. Welche Rolle spielt die Zeit?
Ein spannender Aspekt ist der Faktor Zeit, denn er kann in beide Richtungen eine Rolle spielen: Wenn du als Self-Publisher agierst, kannst du auf der einen Seite viel schneller publizieren, oder dir eben auf der anderen Seite – ganz nach deinem Rhythmus – entsprechend Zeit lassen, ohne dass jemand auf dich Druck ausübt.
Gerade bei Trend-Themen kann es ein Riesenvorteil sein, selbst zu verlegen, denn Verlage haben einen viel längeren Zyklus von 1,5-2 Jahren.
5. Hast du bereits Kunden oder Fans?
Ein Löwenanteil der Verlagstätigkeit ist die Vermarktung deines Buches. Wenn du aber bereits in einem bestimmten Bereich bekannt bist bzw. schon eine Community aufgebaut hast – Kunden, Fans, Follower, Mail-Verteiler .... –, dann hast du selbst den besten Zugriff auf potenzielle Buchkäufer. Selbst wenn du in einer Nische agierst, die einem Publikumsverlag vielleicht nicht attraktiv erscheint, kann es für dich als Self-Publisher lukrativ sein.
Beispiel: Du bist Ernährungsberaterin, spezialisiert auf die Ernährung in den ersten Lebensjahren. Wenn du ein entsprechendes Kochbuch herausbringst, kannst du es all deinen Kunden empfehlen. Vielleicht hast du ja auch sogar schon einige Follower auf deinen Social Media-Kanälen, dann kannst du das Buch auch dort promoten. Und hast du das erste Kochbuch erst einmal gemacht, dann sind das zweite und dritte umso leichter!
6. Bist du bereit zu investieren bzw. ist es dir überhaupt möglich?
Die Gestaltung und Vermarktung eines Buches kostet Geld – und das musst du in die Hand nehmen, bevor du das erste Buch verkaufen konntest. Hier geht es im Wesentlichen um Lektorat, Grafik, ev. Druck, ev. Lagerung und Marketing. Die Summe, die du investierst, entspricht deinem verlegerischen Risiko.
Bei Kinderbüchern solltest du mit Herstellungskosten von € 2.000,- aufwärts rechnen – je nach Illustrations- und Druckaufwand –, allein für das Buch. Mein erstes Buch, SISI, hat über € 7.000,- gekostet, allerdings habe ich da auch viele Anfänger-Fehler gemacht. KLIMT war noch teurer, aber hier hatte ich das Glück, mit einem preisgekrönten Illustrator, Peter Diamond, zusammenzuarbeiten, und das war es mir wert! Das hatte aber auch zur Folge, dass ich das Budget für MARIA THERESIA deutlich zurückgeschraubt habe – sie musste mit weniger als der Hälfte auskommen und hatte daher auch keine farbigen Illustrationen.
Es sei aber gesagt, dass ich meine Bücher immer im Voraus drucken lasse, also kein POD (Print On Demand) nutze. Und ich habe meistens ausreichend Vorbestellungen im Vorfeld, die bereits einen guten Teil der Kosten wieder abdecken.
Wenn du – aus welchem Grund auch immer – dieses Risiko nicht tragen kannst oder willst, so musst du dich auf die Suche nach jemandem machen, der es tut – das wird vermutlich ein Verlag sein, aber auch ein Sponsor oder eine Crowdfunding-Kampagne könnte die Lösung sein.
7. Unterstützt dich dein Umfeld?
Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist dein näheres Umfeld. Wie stehen deine Familie und engen Freunde zu deinem Vorhaben? Je mehr sie deine Idee mittragen, desto leichter wird der Schritt in den Selbstverlag.
Zum einen können sie dich emotional unterstützen, zum anderen sind sie vielleicht sogar bereit, anfangs etwas mitzuhelfen oder die Werbetrommel für dich zu rühren. Ist dein Umfeld jedoch sehr konservativ geprägt und findet, dass nur ein traditionell veröffentlichtes Buch tatsächlich etwas wert ist, so wird der Weg als Self-Publisher sicherlich um einiges steiniger, wenn auch nicht unmöglich.
8. Was ist das Schlimmste, das passieren kann?
Meine absolute Lieblingsfrage, auch wenn es hier weniger darum geht, welchen Veröffentlichungsweg du einschlägst, sondern vielmehr, dass du überhaupt einen Weg einschlägst!
Das ist nämlich die Einzige, die ich mir tatsächlich bewusst selbst gestellt hatte: Was ist der Worst Case (der schlimmste Fall)? Und ganz ehrlich, ich wusste, dass ich es später mehr bereut hätte, es nicht probiert zu haben, als es getan zu haben und zu scheitern.
Denn der maximale Verlust, den du trägst, sind Geld und Zeit. Die Zeit ist jedenfalls gut investiert, da man auch wahnsinnig viel dazulernt und an der Erfahrung wächst – egal, ob sich dein Selbstverlag entwickelt oder nicht.
Natürlich, nur weil man eine Idee hat und sein Bestes gibt, heißt das nicht, dass es gelingt.
Aber um seinen Traum zu leben, muss man Risiken eingehen und definitiv muss man sich aus seiner Komfort-Zone bewegen ;-)
Fazit:
Klar, ob man als Self-Publisher etwas taugt oder nicht, ist auch eine Typ-Frage, aber es spielen ebenfalls einige externe Faktoren eine Rolle: Zeit, Geld, dein Umfeld oder die Tatsache, ob du bereits auf potenzielle Käufer zugreifen kannst. In jedem Fall wird es sich aber lohnen, wenn du dir die acht genannten Fragen spätestens bei Fertigstellung deines Manuskriptes stellst.
Denn das Wissen um die Antworten wird dich stärken:
Es lässt dich z.B. an einer Verlagsabsage weniger verzweifeln oder eben hartnäckiger um einen Vertrag kämpfen, falls du für dich entschieden hast, dass dies der bessere Weg für dich ist. Womöglich erkennst du aber auch, dass Self-Publishing genau dein Ding ist, und du direkt jetzt diesen Weg einschlagen möchtest.
In jedem Fall gewinnst du Klarheit. Und denk immer an die geschätzten 98% aller Manuskripte, die nicht veröffentlicht werden!